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Tierstudien

Bronx-Zoo, New York

1983, Bleistift

Dass ich mich während meines ersten längeren New Yorker Aufenthalts in den Bronx-Zoo begab, um Tiere zu zeichnen, entsprang einer tiefgreifenden phänomenologischen Frage: Wie erkenne ich eigentlich den charakteristischen Unterschied in der Morphologie verwandter Tiere, insbesondere, wenn sie ein und derselben Art angehören? Konkret gefragt: Woher

weiß ich, das ist ein Iltis und kein Marder? Wo stecken die für meine Wahrnehmung entscheidenden Parameter? Schon

ein Jahr zuvor hatte die Frage nach der mythischen Verbindung zwischen Mensch und Tier eine intensive künstlerische Auseinandersetzung mit dem Wesen des Tiers ausgelöst, die später zu einer Recherche der charakteristischen Körperformen führte, die ich zunächst im Tierreich erforschte, dann aber auch auf den Menschen einschließlich seiner Physiognomie auszuweiten suchte. Letztere studierte ich vor allem mit dem Zeichenstift während meiner Fahrten in der U-Bahn beider Metropolen. Schließlich gelangte ich zu einer Art Urformel von Gerade und Kreis, mit der ich halb spielerisch, drei Viertel ernst die Formen alles Lebendigen proportional subsummieren und systematisch zuordnen konnte. In ihr liegen potentiell die Formtypen aller metamorphotisch evolutionären Erfindungen der Naturprozesse in einer unendlich sich staffelnden Reihe verankert – von den frühesten Formen des sich artikulierenden Lebens bis hin zum Status quo der belebten Formenwelt.

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