As I lay dying
Hospital Sankt Johannis, Bonn
1986, Ölpastell auf Karton
96 x 68 cm
Gerade hatte ich noch den verehrten Komponisten Olivier Messiaen und seine Frau, die Pianistin Ivonne Loriot persönlich kennengelernt, spielte mit ihr in der Bonner Beethovenhalle einen der Soloparts in Messiaens gewaltiger „Transfiguration“, traf beide mehrmals bei den Proben und zu Gesprächen über spezielle Klangphänomene der Schlaginstrumente; zeitgleich wurden meine ersten Eisenplastiken in New York und Stockholm unter dem Titel „The Music of Iron“ in hervorragenden Galerien ausgestellt, ein Widmungskatalog wanderte sogar auf direktem Wege in Messiaens Bibliothek nach Paris
(Messiaen liebte besonders meine Vogelplastiken) – ein unglaublicher Sommer! – um mich wenig später mit dreifacher, lebensbedrohlicher Lungenembolie auf der Intensivstation des Bonner St. Johannis Hospitals wiederzufinden – was für eine Peripetie! Ein zunächst scheinbar harmloser, von der ärztlichen Betreuung unterschätzter, auf der Fahrt sich ereignender Fußbruch hatte noch während meines Aufenthalts beim Bonner Beethovenfest in meinem Körper klammheimlich eine Rebellion angezettelt. Das Konzert selbst hatte ich noch auf Krücken gespielt, nichtsahnend, was mir in den nächsten drei Monaten bevorstehen sollte, als der Körper von einem Moment auf den anderen richtig ernst machte und mir Dinge erzählte, von denen ich bis dahin noch nie etwas gehört hatte… Nachdem das Schlimmste überstanden war, ließ ich mir farbige Kreiden und große Kartone ans Krankenbett bringen und begann zu malen. Jedes fertige Bild klebte ich mit Heftpflaster an die Wände meines kahlen Zimmers, dem offiziellen Sterbezimmer der Klinik – ein anderes Einzelzimmer war damals nicht zur Verfügung gestanden; es machte mir nichts aus. Der weiße, mit Ausnahme meines Betts vollkommen leere Raum füllte sich mehr und mehr mit kräftigen Farben. Auf den Bildern nahm die Farbe Rot – wie konnte es anders sein – eine Schlüsselrolle ein. Die seltsame, auf elementare Grundformen reduzierte und doch dichte Bildsprache gibt mir noch heute Rätsel auf. Professor Dr. Jahnecke, der kunstaffine Leiter des Hospitals, der seine erlesene Sammlung dankenswerter Weise in den Gängen der Klinik präsentierte und umständebedingt meine wenngleich mühsame, so doch hocheffiziente und therapeutisch angeblich unschlagbare Malerei schätzte („…Die meisten legen sich hier rein um zu sterben, anstatt kreativ zu werden so wie Sie…“), brachte mir jeden zweiten Tag medizinische Fachbücher, insbesondere zur Phänomenologie des Blutes, in denen ich zu verstehen suchte, was mit mir los war. Die Fragen über die hochplastischen Erythrozyten und sonstigen Wunder der Physiologie nahmen kein Ende… Ich war tief bei mir und in Arbeit, fand mich innerlich zunehmend aufgeräumter und war nach drei Monaten wieder vollkommen gesund…